Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Ich möchte euch heute die Geschichte von Elia und dem Gottesurteil am Karmel erzählen. Sie ähnelt der Geschichte von Luther und der Reformation. Und sie hat auch viel mit uns zu tun und mit unserem Verhältnis zu Gott.
Vor langer Zeit herrschte König Ahab im Nordreich Israel. Seine Frau Isebel, eine phönizische Prinzessin, hatte ihn dazu überredet, den Götzen Baal anzubeten und den Gottesdienst für den Herrn zu verbieten. Wer auch immer diesen Götzendienst ablehnte und den Glauben an Gott den Herrn predigte, wurde verfolgt und war seines Lebens nicht mehr sicher. Ahab hatte einen treuen Hofmeister, Obadja mit Namen. Der hielt heimlich am wahren Glauben fest und brachte hundert Propheten des Herrn an ein sicheres Versteck.
Auch der Prophet Elia hatte sich in Sicherheit gebracht. Zuvor hatte er dem König unerschrocken verkündigt, dass der wahre Gott eine mehrjährige Dürre über Israel bringen werde. Alle, die dem Götzen Baal dienten, glaubten nämlich, dass Baal Regen bringt und das Land fruchtbar macht. Gott der Herr wollte ihnen nun mit dieser Trockenheit zeigen, dass er der Herr über das Wetter ist, nicht Baal.
Nach drei Jahren ohne Regen herrschte eine große Hungersnot. Da geschah die Sache mit dem Gottesurteil am Karmel. Es begann mit Gottes Wort. In der Bibel fängt die Geschichte so an: „Das Wort des Herrn kam zu Elia im dritten Jahr.“ Gott redete mit Elia und gab ihm den Auftrag: „Geh hin und zeige dich Ahab, denn ich will regnen lassen auf die Erde.“ Gott wollte die Hungersnot gnädig beenden – aber nicht, ohne Ahab wissen zu lassen, dass Gott der Herr nun wieder Regen kommen lässt, nicht Baal.
Es war ein lebensgefährlicher Auftrag für Elia. Er wurde ja gewissermaßen steckbrieflich gesucht, und Ahab hatte eine große Wut auf ihn. Aber Elia war mutig und gehorchte. Er machte sich auf den Weg zum König. Unterwegs traf er Obadja, den frommen Hofmeister Ahabs. Obadja war gerade mit dem König unterwegs, um zu sehen, wo für die königlichen Pferde noch Futter zu finden ist. Elia bat Obadja, ihn beim König anzumelden. Obadja scheute davor zurück, zu Tode erschrocken. Er malte sich aus: Wenn ich jetzt Ahab sage, Elia ist hier, und Elia ist dann doch wieder geflohen, dann wird der König so wütend werden, dass er mich umbringt. Aber Elia machte Obadja Mut und gelobte ihm vor Gott, wirklich vor Ahab zu erscheinen.
Liebe Brüder und Schwestern, auch die Reformation hat ihren Ursprung in Gottes Wort. Zwar hat Martin Luther Gottes Stimme nicht gehört wie Elia, aber er hat Gottes Wort in der Bibel studiert. Und da wurde ihm klar, dass die kirchlichen Machthaber seiner Zeit gottlose Lehren zuließen.
Es ging ihm auf, dass der Ablasshandel dem Evangelium von Jesus Christus widerspricht. So wurde Luther aktiv – mutig und gehorsam. Er ließ sich nicht von Papst und Bischöfen schrecken, später auch nicht von dem Todesurteil, das Kaiser Karl V. auf dem Reichstag zu Worms über ihn verhängte mit der sogenannten Reichsacht.
Mutig gehorchte er Gottes Wort und vertrat Gottes Willen vor seinen mächtigen Feinden. So soll es auch heute sein, und so soll es auch bei uns sein. Nun sind wir zwar keine Ausnahmeerscheinungen im Reich Gottes wie Elia oder Luther. Und doch können wir ähnlich wie der fromme Obadja unseren bescheidenen Beitrag dazu leisten, dass Gottes Wort zum Zuge kommt.
Am wichtigsten ist dabei, dass wir es überhaupt hören und lesen, und zwar oft und regelmäßig. Dann wird es unser Leben prägen, und dann erkennen wir auch, was wir vor unseren Mitmenschen bezeugen sollen. Gehorsam und mutig sollen wir es tun – und dürfen uns dabei freuen darüber, dass es in der heutigen Zeit viel weniger Mut braucht als zu Elias Zeiten oder zu Luthers Zeiten.
Nun aber weiter mit Elia und Ahab. Ahab begrüßte Elia mit beißendem Spott: „Bist du nun da, der Israel ins Unglück stürzt?“ Da musste Elia erst einmal richtigstellen: „Nicht ich stürze Israel in Unglück, sondern du und deines Vaters Haus dadurch, dass ihr des Herrn Gebote verlassen habt und wandelt den Baalen nach.“
Und er fuhr fort: „Wohlan, so sende nun hin und versammle zu mir ganz Israel auf den Berg Karmel und die vierhundertfünfzig Propheten Baals, auch die vierhundert Propheten der Aschera, die vom Tisch Isebels essen.“
Erstaunlicherweise ließ sich Ahab auf diese Herausforderung ein. Vielleicht hatte ihn die Hungersnot im Land mürbe gemacht; vielleicht waren ihm bereits leise Zweifel gekommen an der Macht Baals. Elia forderte Ahab also zu einem Kräftemessen der Götter heraus: Auf dem Berg Karmel sollte sich öffentlich zeigen, ob der Herr der wahre Gott ist oder Baal. Als Elia und die vielen Baalspriester zum Wettstreit auf dem Berg Karmel antraten, waren auch Vertreter des ganzen Volks Israel zugegen. Bevor es losging, rief Elia die Israeliten zu einer klaren Entscheidung auf. Er sagte ihnen: „Wie lange hinkt ihr auf beiden Seiten? Ist der Herr Gott, so wandelt ihm nach, ist‘s aber Baal, so wandelt ihm nach.“ Nicht nur den König Ahab rief er zur Buße auf, sondern das ganze Volk Israel.
Liebe Brüder und Schwestern, auch bei Luther und der Reformation spielte die Buße eine wichtige Rolle. Als Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an der Tür der Schlosskirche zu Wittenberg befestigte, da wollte er damit ein Umdenken bewirken bei dem um sich greifenden Ablasshandel. Er wollte, dass zuerst die Theologen und Kirchenfürsten, dann aber auch die anderen Menschen von diesem abergläubischen Handel mit der Sündenvergebung lassen und sich mit wirklicher beständiger Buße Gott zuwenden.
Darum heißt es auch gleich zu Anfang der 95 Thesen: „Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: ‚Tut Buße!‘, hat er gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.“
Das gilt heute nicht anders. Wer an Gott glaubt und seinem Wort vertraut, der muss sich immer wieder fragen, ob er ihm denn ganz und mit reinem Herzen dient. Der muss sich fragen, ob er sich denn ernsthaft an Gottes Gebote hält, wie Elia es einst dem Ahab vorhielt. Und der muss sich fragen, ob er nicht auch „auf beiden Seiten hinkt“ wie die Israeliten damals; ob er nicht Gott nur halbherzig dient, und mit der anderen Hälfte seinese Herzens den Götzen unserer Zeit.
Noch einmal zurück zu Elia und zum Berg Karmel. Nun kam es zum Wettkampf der Götter und ihrer jeweiligen Diener. Zwei Brandopferaltäre wurden errichtet mit Opfertieren darauf, einer für Baal und einer für Gott den Herrn. Welcher Gott mit Feuer vom Himmel antworten würde, der war der wahre Gott.
Die Hundertschaften der Baalspriester gaben sich viel Mühe. Stundenlang sprachen sie ihre rituellen Gebete und tanzten in Ekstase um den Altar herum. Auch wollten sie Baal mit etwas beeindrucken, was man noch heute bei heidnischen Religionen antreffen kann: Sie fügten sich mit Messern und Spießen Wunden zu, so tief, dass das Blut an ihnen herabfloss.
So meinten sie, Baal mit ihrer Frömmigkeit beeindrucken und zu dem Wunder bewegen zu können. Aber es nutzte alles nichts; von morgens bis abends mühten sie sich vergeblich.
Elia sah befriedigt zu und feuerte sie sogar noch an: Ihr müsst lauter schreien! Baal ist vielleicht gerade in Gedanken versunken oder mit anderen Dingen beschäftigt; vielleicht ist er auch irgendwo unterwegs, oder er schläft. Versucht nur, ihn aufzuwecken!
Am Abend wurde dann Elia selbst aktiv – er, der einsame Prophet, gegenüber den Hunderten. Er brauchte nicht viel Zeit; er schrie nicht, er tanzte auch nicht und verletzte sich nicht. Er machte es Gott dem Herr sogar noch ein bisschen schwerer: Er ließ das Brandopfer und den ganzen Altar mit viel Wasser übergießen, damit niemand hinterher behaupten kann, es wäre eine zufällige Selbstentzündung gewesen. Und dann tat er nur ganz wenig, eigentlich gar nichts.
Er sprach nur ein kurzes Gebet, und das lautete so: „Herr, Gott Abrahams, Isaaks und Israels, lass heute kund werden, dass du Gott in Israel bist und ich dein Knecht und dass ich das alles nach deinem Wort getan habe. Erhöre mich, Herr, erhöre mich, damit dies Volk erkennt, dass du, Herr, Gott bist und ihr Herz wieder zu dir kehrst.“
Elia bat kurz um das Wesentliche; und dieses Wesentliche ist nicht das erhoffte Wunder, sondern die Bekehrung der Menschen. Elia betete ganz so, wie Jesus dann später seine Jünger lehrte, als er sagte: „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen“ (Matthäus 6:7).
Sogleich erhörte der Herr Elia und erwies sich mächtig durch einen gewaltigen Blitz vom Himmel, der das nasse Brandopfer in Flammen aufgehen ließ. Auch ließ Gott Elia sein Strafgericht an den Baalspropheten vollstrecken. Und dann schickte Gott Regen – endlich, nach mehrjähriger Trockenheit! Am Ende der Geschichte heißt es: „Ehe man sich’s versah, wurde der Himmel schwarz von Wolken und Wind, und es kam ein großer Regen.“ Kein Zweifel: Hier handelte der wahre Gott, der allmächtige Schöpfer, der Herr über Himmel und Erde.
Liebe Brüder und Schwestern in Christus, das ist auch die Grunderkenntnis der Reformation: Auf Gottes Handeln kommt es an; er muss alles tun. „Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren.“
Ja, Gott hat immer wieder gewaltig gehandelt, am gewaltigsten aber in seiner scheinbaren Ohnmacht und Niederlage, im Leiden und Sterben Jesu Christi am Kreuz. Da kam kein Blitz vom Himmel, sondern da wurde es finster im Land. Aber gerade so hat er sich das eine Sühnopfer genommen, das die Sünden der ganzen Welt trägt. Ja, so hat Gott die Sünde, den Teufel und den Tod besiegt. Und er hat seine Macht dann am dritten Tag gezeigt in Christi Auferstehung von den Toten.
Hüten wir uns also davor, mit eigener Kraft viel bewegen zu wollen. Vor allem, was unser Verhältnis zu Gott und unsere Seligkeit anbetrifft, können wir uns selbst nicht helfen – das ist das klare Zeugnis der Bibel, und das hat Martin Luther in der Reformation klar erkannt.
Wie Elia können wir einfach nur beten und dann Gott handeln lassen.
Gott handelt dann auch – aber oft nicht so deutlich sichtbar wie damals mit dem Blitz auf dem Berg Karmel. Nur wenig später war Elia verzweifelt, weil er merkte, dass Ahab und die Israeliten sich nicht bekehrten und seine Mission dem Anschein nach letztlich gescheitert war.
Auch Luthers Reformation ist dem Anschein nach gescheitert: Er hat die Kirche des Mittelalters nicht reformieren können; stattdessen hat es eine notvolle Kirchenspaltung gegeben, unter der wir noch heute leiden.
Es wäre schön, wenn sie sich überwinden ließe. Aber auch das schaffen wir nicht durch eigene Kraft, mit eigenen Ideen und eigenem guten Willen.
Denken wir an die drei Dinge, die uns Elia und das Gottesurteil am Karmel lehren, sowie auch an Luther und die Reformation: Ausgangspunkt ist Gottes Wort; dem sollen wir mutig gehorchen. Aus Gottes Wort aber fließt Gottes Bußruf; dem sollen wir uns stellen. Wer nun Gottes Wort glaubt und Buße tut, der wird Gottes Handeln erkennen, besonders sein großes und unverdientes Heilshandeln in Jesus Christus.
Gottes Wort,
Gottes Bußruf,
Gottes Handeln
darauf kommt es an.
Amen.
Herkunft: predigtkasten.de