Die Macht der Liebe
Moody, der berühmte amerikanische Erweckungsprediger (er lebte von 1837 – 1899), erhielt eines Tages einen Brief mit folgendem Inhalt:
„Herr Moody, könnten sie morgen früh um 10 Uhr zu uns ins Gefängnis kommen? Es wird ein Gefangener entlassen, der keinen Menschen auf der Welt hat. Sehen sie, ob sie nicht etwas für ihn tun können. Aber wir machen sie darauf aufmerksam, dass schon sein Aussehen furchterregend ist. Selbst seine Mitgefangenen wollen nichts mit diesem Mann zu tun haben.“
Moody war sofort bereit, sich dieses Verbrechers anzunehmen. Am anderen Morgen fand er sich im Gefängnis ein. Pünktlich um 10 Uhr wurde der Gefangene entlassen. Moody hatte sofort ein herzliches Erbarmen zu diesem Mann. Er trat auf ihn zu, klopfte ihm auf die Schulter und fragte freundlich:
„Lieber Freund, wie geht es Ihnen?“
Grob gab ihm der Mann zurück:
„Quatsch Freund! Ich habe keinen Freund, und auch sie sind nicht mein Freund!“
„Und doch sind sie mein Freund“, versicherte Moody,
„das werde ich Ihnen beweisen. Sehen sie: Jetzt haben sie gefrühstückt, aber wo werden sie etwas zu Mittag bekommen? Hier ist ein Dollar für das Mittagessen und zum Abend lade ich sie in mein Haus ein. Meine Frau wird sie herzlich willkommen heißen. Hier ist meine Adresse.“
Der Mann nahm zwar den Dollar, versprach aber nicht, am Abend zu kommen. Nachdem Moody seine Einladung nochmals bekräftigt hatte, trennten sich die beiden Männer. Der Abend kam. In Moodys Haus war der Tisch gedeckt, auch für diesen entlassenen Verbrecher.
Man hatte alles so nett und bequem gemacht, wie man das nur für einen lieben Gast tun kann. In einem kleinen Nebenzimmer hatte man Waschwasser und Handtuch, Bürste und Kamm bereitgelegt. Als man eben mit allen Vorbereitungen fertig war, ertönte die Hausglocke. Tatsächlich: der Mann kam!
Moody ging selbst zur Tür und führte seinen seltsamen Gast herein. Zuerst führte er ihn in das kleine Schlafzimmer:
„Sie haben ja kein Heim. Hier ist fürs erste alles, was sie brauchen. Machen sie sich zurecht und dann kommen sie bitte zum Essen.“
Moody betete zu Tisch, wie er das immer machte, und dann versuchte er, dem Mann das Ungewohnte der Situation so leicht wie möglich zu machen. Als das Essen vorüber war, fragte das kleine Töchterchen:
„Papa, darf ich jetzt zu dir auf deinen Schoß kommen?“
„Nun ja, sicher“, sagt der Vater und nimmt sein Kind auf den Schoß. Dann flüsterte er ihr etwas ins Ohr. Man sieht ein leises Erschrecken im Gesicht des kleinen Mädchens, aber dann rutscht es vom Knie des Vaters herunter und geht zaghaft auf den fremden Mann zu. Etwas ängstlich streckt es ihm die Hand entgegen, aber dann – plötzlich – schlingt es seine Ärmchen um den Hals des Fremden Mannes und gibt ihm einen Kuss.
Der Verbrecher sitzt einen Augenblick da wie erstarrt, dann hält er die Hände vors Gesicht, sein Kopf neigt sich bis auf die Tischplatte, und dann fängt er herzzerbrechend an zu weinen. Durch die Liebe, die Moody diesem Mann entgegenbrachte, und durch das spontane Vertrauen eines Kindes zerbrach der trotzige Widerstand im Herzen eines hartgesottenen Sünders.
Er erlebte nun die Rettermacht Jesu und wurde, wie die Bibel sagt, „eine neue Schöpfung“. Dieser Mann wurde dann ein Mitarbeiter Moodys, der das Evangelium in überzeugender Weise auf Straßen und Plätzen verkündigte.
Autor unbekannt