Eine wahre Geschichte aus Irland
Ein seltsames Abenteuer mit einer Bibel
An einem trüben Wintertag sass eine junge Witwe in ihrem Wohnzimmer und schaute zum Fenster hinaus. Ihre Wohnung lag in einem vornehmen Stadtteil von Dublin in Irland. Alles rings um sie her zeugte von Behaglichkeit und Wohlstand. Mrs. Blake war eine eifrige und gewissenhafte Katholikin. Aber in ihrem Innern sah es düster und öde aus. Eine Frage, die sie seit einiger Zeit stark beschäftigte, war: Wie erhalte ich echte , bleibende Vergebung meiner Sünden?
Obgleich sie es ernst nahm mit ihren religiösen Pflichten und viel betete, hatte sie bis jetzt die Befreiung von ihren Schuldgefühlen nicht gefunden. Im Gegenteil: Je mehr sie sich bemühte, desto mehr hatte die Seelen- und Sündennot zugenommen. Diesen Zustand bekannte sie treulich ihrem Beichtvater. Auf dessen Rat gab sie sich wohltätigen Werken hin in der Hoffnung, Ablenkung, innere Befriedigung und wahre Ruhe zu finden. Daraufhin sprach ihr der Beichtvater volle Absolution (Sündenvergebung) zu. Aber der erwartete Trost und Segen blieb aus.
Während sie eines Tages so in Gedanken versunken dasass, klopfte es an ihrer Türe, und ihr Seelsorger stand unerwartet vor ihr. «Was soll ich nur machen mit Ihnen, um Sie von Ihren trüben, grüblerischen Gedanken zu befreien und Ihr Angesicht wieder froh zu machen?» fragte er. «Ach, ehrwürdiger Vater, Sie sind gütig und haben bestimmt Ihr Menschenmöglichstes getan; ich bedaure Ihnen so viel Mühe zu machen, doch meine Sündenlast hält unvermindert an und liegt so schwer auf meinem Herzen!»
Beim Nachsinnen kam dem Seelsorger ein glücklicher Gedanke: «Haben Sie schon gehört, dass ein berühmter Komiker in der Stadt Vorstellungen gibt? Der bringt die Menschen so zum Lachen, dass sie alles Leid vergessen. Den sollten Sie unbedingt hören.» «Aber, Ehrwürden, das kann doch nicht Ihr voller Ernst sein?»«Doch, doch, diese Vorstellung wird Ihnen gut tun. Ich befehle es Ihnen! Gehen Sie nur ruhig hin! Bitte, widersprechen Sie mir nicht!»
Was gab es anderes für Mrs. Blake, als am nächsten Tag die genannte Veranstaltung zu besuchen, die überall auf grossen Plakaten angekündigt wurde. Aber das als Rotunda» stadtbekannte, mächtige Gebäude enthielt neben dem grossen Vortragssaal noch andre Räume. Mrs. Blake war, ohne es zu beabsichtigen, zu früh erschienen. Als sie Menschen in einen Saal hineingehen sah, folgte sie ihnen, ohne zu merken, dass sie nicht an der Eintrittskasse vorbeikam.
Als sie Platz genommen hatte, wurde ihr auf einmal bewusst, dass sie in einen evangelischen Gottesdienst geraten war. Welch ein Schreck! Ach, hätte sie nur den Mut gehabt aufzustehen und hinauszueilen! Es war ihr furchtbar peinlich. Sie hätte in den Boden sinken mögen, dass ihr so etwas geschah. Vorne wurde es ganz still. Ein Mann stand auf zum Beten. Sie hatte noch nie einer solchen Versammlung beige-wohnt. Jedes Wort des Gebets schien in ihr Herz einzudringen. Es war so ganz anders, als sie es von Jugend auf gewohnt war, wo sie aus ihren Andachtsbüchern gebetet hatte. Was sie vermisste, waren die Worte: «Gegrüsst seist du, Maria, voll der Gna-den!» Aber dieses freie Gebet sprach tief zu ihrem Herzen.
Der Überraschungen sollten noch mehr kommen! Das Thema der Ansprache lautet : Die Sündenvergebung. War es Zufall oder göttliche Fügung, dass ausgerechnet dieses Thema behandelt wurde? Trotz allem inneren Widerstand packten sie die Worte mächtig, und gespannt hörte sie der Predigt zu. Zunächst wurden aus dem Hebräerbrief, Kapitel 10, die Verse 10 bis 18 gelesen (Hebräer 10:10-18): «Nach dem Willen Gottes sind wir geheiligt ein für allemal durch das Opfer des Leibes Jesu Christi. Und jeder Priester steht Tag für Tag da und versieht seinen Dienst und bringt oftmals die gleichen Opfer dar, die doch niemals die Sünden wegnehmen können. Dieser aber hat ein Opfer für die Sünden dargebracht, und sitzt nun für immer zur Rechten Gottes und wartet hinfort, bis seine Feinde zum Schemel seiner Füße gemacht werden. Denn mit EINEM Opfer hat er für immer die vollendet, die geheiligt werden. Das bezeugt uns aber auch der heilige Geist.
Denn nachdem der Herr gesagt hat (Jeremia 31:33-34): <Das ist der Bund, den ich mit ihnen schließen will nach diesen Tagen>, spricht er: <Ich will mein Ge-setz in ihr Herz geben und in ihren Sinn will ich es schreiben, und ihrer Sünden und ihrer Ungerechtigkeit will ich nicht mehr gedenken .> Wo aber Vergebung der Sünden ist, da geschieht kein Opfer mehr für die Sünde.»
Dieser Schriftlesung folgte dann eine schlichte Auslegung, die jedermann verstehen konnte. Von dem EINEN Opfer war die Rede, das Jesus Christus auf Golgatha voll-bracht hat. Die völlige Vergebung für alle Sünden wurde verkündigt. Allen, die dieses Heil begehren, erbitten und dankbar annehmen sollte die Vergebung bedingungslos geschenkt werden. Dieser frohmachenden Botschaft hörte sie nicht nur mit offenen Ohren, sondern beinahe auch mit offenem Munde zu. Sie war wie dürstendes Land, das auf den erquickenden Regen wartete.
Nie hatte sie bisher etwas Ähnliches vernommen. Die Botschaft schien ihr zu gut, um wahr zu sein. Noch lange hätte sie gespannt zuhören mögen und bedauerte, dass die Stunde schon zu Ende war und die Versammelten nach einem kurzen Gebet und Segensspruch nach Hause gingen. Eine übergrosse Freude erfüllte ihr Herz. Sie wagte, nach vorn zu gehen, um noch mit dem Prediger zu sprechen und ihn zu fragen, wo er diese Worte gelesen habe. Eine solche, nach Wahrheit dürstende Seele, hatte der Diener Gottes wohl schon lange nicht mehr vor sich gehabt.
Er nahm sich die Mühe, ihr noch andere, ähnlich lautende Worte aus der Heiligen Schrift vorzulesen. Als er aber herausfand, dass Mrs. Blake noch nie in ihrem Leben eine Bibel besessen hatte, gab er ihr kurz entschlossen seine eigene, ihm kostbare Bibel mit nach Hause, jedoch unter der Bedingung, dass sie ihm dieses unentberliche Buch in einigen Tagen wieder zurückbringen sollte.
Mit freudigem und dankbarem Herzen eilte sie nach Hause, um nun das kostbare Wort selber fleissig zu lesen. Für die kommenden Tage war sie vollauf damit beschäftigt, die angezeichneten und angegebenen Bibelstellen nachzuschlagen und in ihr Herz und Gedächtnis aufzunehmen. Dabei ging ihr ein grosses Licht auf. Die Last der Sünde wich der Gewissheit der Vergebung, und der Friede Gottes zog in ihr Herz.
Nun aber kam der Tag, da sie sich wieder von der Bibel trennen musste und sie diese wieder zurückbringen sollte! Doch vorher wollte sie die wenigen, ihr verbleibenden Stunden noch ausnützen. Sie vertiefte sich noch einmal in die Worte der Heiligen Schrift, als plötzlich ihr Beichtvater vor ihr stand. Sie hatte nicht einmal die Türglocke gehört. Leicht errötend begrüsste sie ihn. Er betrachtete sie mit prüfendem Blick und war angenehm überrascht, sie so ruhig und zuversichtlich vorzufinden. «Was ist Ihnen denn begegnet?» fragte er sie. «Erzählen Sie bitte, wie hat es Ihnen in der <Rotunda> gefallen? Ich habe Sie am Sonntagmorgen in der Frühmesse vermisst. Sind Sie etwa krank gewesen?»
Was sollte sie ihm nun sagen? Sie hatte sich vorgenommen, zu schweigen und alles Erlebte für sich zu behalten. Aber schliesslich kamen sie ins Gespräch und ohne es eigentlich zu wollen, erzählte sie ihrem Beichtvater ohne lange Umschweife, was geschehen war. Plötzlich stellte sie eine grosse Veränderung fest in den Augen des hochwürdigen Herrn. Sie wurden kalt und hart, und Mrs. Blake fühlte, wie tief der Mann beleidigt war. Mit strenger Miene herrschte er sie an: «Geben Sie mir das Buch, das Sie unerlaubterweise gelesen haben! Sie sind in Gefahr, ewig verloren zu gehen, wenn Sie es behalten. «Aber es gehört doch nicht mir», rief sie aus und flehte, dass er ihr das Buch lassen möchte.
Aber der Priester entriss es ihr und steckte es in seine Tasche. Darauf verliess er das Zimmer mit drohenden Blicken und Gebärden. Nun war Mrs. Blake allein im Zimmer. Sie war wie gelähmt vor Schreck über das, was vorgefallen war. Nur wer Ähnliches erlebt hat, kann sich vorstellen, wie es ihr zumute war. Wie sollte sie nun ihr Versprechen ein lösen und das Buch zurückgeben?
Sie hatte keine Adresse, denn der Name des Besitzers und seine Anschrift waren in der Bibel eingetragen, und sie konnte sich nicht mehr daran erinnern. Dann fürchtete sie sich wieder, als sie an diesen unheimlichen, durchbohrenden und feindseligen Blick dachte, der sie getroffen hatte. Was sollte die Arme in dieser peinlichen Lage nun tun? Tage vergingen, und alles blieb still. Der Beichtvater würdigte sie keines Besuches mehr. Sie hätte ihn auch wirklich gefürchtet. Langsam schien ihr klar zu werden, sie müsste doch versuchen, den Priester aufzusuchen um das Buch zurückzubekommen. Sie musste es doch zurückgeben!
Nach etwa zwei Wochen hatte sie sich soweit durchgerungen, diesen unliebsamen Besuch zu machen. Die Wohnung des Priesters war nahe bei einem Kloster, in dem er als Beichtvater amtete. Als sie dort anklopfte, öffnete ihr eine Nonne. Auf ihre Frage nach dem hochwürdigen Vater wurde sie über ihren Namen und ihr Anliegen gefragt. Die Nonne wurde sichtlich kühl und geleitete sie in einen Raum. Aber o Schreck! Da stand ein Sarg und darin lag ihr ehemaliger Beichtvater.
Bevor sie sich von ihrem Schrecken erholen konnte, zischte die Nonne sie an: «Sterbend hat er Sie verflucht, und nun verschwinden Sie!» Sie wusste nicht recht, wie ihr geschah. Aber sie fühlte sich plötzlich hinausgedrängt, und die Tür schloss sich hinter ihr. Wochen vergingen, und immer musste Mrs. Blake an die sonderbaren Ereignisse der vergangenen Zeit denken. Wie war nur alles gekommen? Gut, dass sie sich manche Bibelworte fest eingeprägt hatte. Diese bewegte sie nun in ihrem Herzen und gaben ihr die Zuversicht und Hoffnung, dass noch alles gut werden könnte.
Warum sollten die Worte, die ihr Vergebung und Friede gebracht hatten, nicht auch ihrem Beichtvater zum Segen geworden sein?
Eines Tages erhielt sie Besuch. Eine Dame mit tief verschleiertem Gesicht wurde in ihr Zimmer geführt. Bevor Mrs. Blake zu Worte kommen konnte, lüftete die Besucherin den Schleier und stellte sich vor als jene Nonne, die sie so feindselig aus dem Kloster hinausbefördert hatte. «Ich habe Ihnen zwei Dinge zu bekennen, doch ich habe Eile und muss es kurz machen. Zunächst möchte ich Sie bitten, mir zu verzeihen. Es war eine furchtbare Lüge, die ich Ihnen anlässlich Ihres Besuches gesagt hatte. Ich habe bereits Gott um Verzeihung gebeten, nun bitte ich auch Sie darum.
Ihr Beichtvater ist gestorben, indem er Sie segnete! Am Tag vor seinem Tod bat er mich, Ihnen zu berichten, dass auch er Vergebung seiner Sünden und Frieden mit Gott gefunden hatte, und zwar durch das gleiche Buch, das er Ihnen weggenommen hatte. Er möchte Ihnen in alle Ewigkeit danken , dass Sie in Gottes Hand das Werkzeug waren, ihn zu Jesus Christus zu führen. Können Sie mir verzeihen?»
«Selbstverständlich verzeihe ich Ihnen von Herzen gerne. Aber es ist mir ein Rätsel, warum Sie sich bei meinem Besuch zu einer solch erbärmlichen Lüge hinreissen liessen!»«Weil ich Sie hasste und den Beichtvater liebte. Ich glaubte, Sie hätten ihn verführt und ins ewige Verderben gestürzt. Nachdem er gestorben war, hatte ich das unwiderstehliche Verlangen, im gleichen Buch zu lesen, wie er gelesen hatte. Nun darf ich Ihnen bekennen, dass auch ich Vergebung und Frieden in Jesus Christus gefunden habe.
Ich habe während diesen Wochen in dem Buche gelesen, und bringe es Ihnen heute wieder zurück. Und nun erschrecken Sie nicht: Ich bin aus dem Kloster entwichen und werde heute Abend noch ins Ausland reisen. Doch zuvor möchte auch ich Ihnen meinen herzlichen Dank aussprechen. Der HERR hat Sie gebraucht , um mich zum Heil zu führen. Gott segne Sie, und auf Wiedersehen. Wir werden einander im Himmel wieder begegnen .»
Nach einem kurzen, aber innigen Abschied verliess sie das Haus. Mrs. Blake kam alles vor wie ein Traum. Hier lag vor ihr die unscheinbare, aber zerlesene Bibel. Nein, es war kein Traum, sondern wunderbare Wirklichkeit! Ohne einen menschlichen Ausleger waren drei Seelen auf den Weg des Heils geführt worden, aus dem Tode zum Leben, aus der Finsternis zum Licht.
Kannst du dir die Freude vorstellen, die den Eigentümer dieses Buches ergriff, als er diese seltsame und wundervolle Geschichte erfuhr ?
Wahrlich, folgende Zusage Gottes bewahrheitet sich immer noch und findet ihre Erfüllung: «So soll das Wort, das aus meinem Munde geht auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt und ihm wird gelingen, wozu ich es sende» (Jesaja 55:11).
Liebe Leserin und Leser! Liest du die Bibel auch?
Was hat das lebendige Wort Gottes an deiner Seele und in deinem Leben ausrichten können?
Wir können nicht anders, als dir raten: Lass keinen Tag ohne Bibellesen vergehen !
Die heilige Schrift kann dich unterweisen zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus (nach 2. Timotheus 3:15).
Herkunft: Dr. J. H. Townsend
(Frei übersetzt von «The International Mission to Miners» Northwood, Middx.)