Alte Gebete – neu entdeckt
Wir erleiden in unserem Alltag immer wieder Verletzungen und Wunden. Damit diese heilen können, brauchen wir Trost. Was gibt mir Trost? Was ist mein Trost im
Leben?
Für viele von uns ist die Frage nach dem Trost unseres Lebens in den letzten Tagen neu wichtig geworden. Wir haben uns in Sicherheit gewiegt. 2022, plötzlich ist nichts mehr wirklich sicher, weder Geld noch Arbeitsplatz oder Gesundheit. Unser Land, unsere Welt versinkt einheitlich in Angst und Schrecken.
Und die Frage nach dem Trost unseres Lebens ist so aktuell wie seit Jahren nicht mehr. In der Bibel gibt es ein besonderes Trostbuch. Es sind die Psalmen. Verschiedene
Beter haben in diesem Buch ihre Erfahrungen in Gebeten aufgeschrieben.
Manchmal kommt es uns vor, dass die Gebete veraltet sind und nicht mehr in unsere Zeit passen. Wir tun uns schwer mit Klage- oder sogar Rachepsalmen. Und doch bergen die Psalmen besondere Schätze in sich. Mit der heutigen Andacht möchte ich Euch einladen, die Psalmen neu zu entdecken.
Ich möchte dies tun, weil die Psalmen eine Hilfe für mein eigenes Gebetsleben geworden sind. Da wo ich keine Worte finde, da wo ich meine Gebete als saft-und kraftlos erlebe, haben mich die Psalmen neu gefüllt.
Was ist das Besondere an den Psalmen?
Sie sind Menschenworte und Gottesworte zugleich. Hier finden wir die Gedanken, Sorgen, Anfechtungen und Ängste der Menschen. Und wir finden die Antworten Gottes: seine Gesetze, seine Größe, seine Allmacht und sein Wesen.
Wie wichtig die Psalmen für unser Gebetsleben sein können, hat Martin Luther sehr gut beschrieben: „Wer aber den Psalter ernstlich und regelmäßig zu beten angefangen hat, der wird den anderen, leichten, eigenen „andächtigen Gebetlein bald Urlaub geben und sagen: ach, es ist nicht der Saft, Kraft, Brunst und Feuer, die ich im Psalter finde, es schmeckt mir zu kalt und zu hart.“
Luther hat das Gebet der Psalmen über seine eigenen Worte gestellt. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass die Worte der Psalmen größer sind als menschliche Worte. Um die Kraft der Psalmen zu erfahren, möchte ich Euch zum Lesen und Beten eines Psalms einladen.
Ich habe mir dazu Psalm 19 ausgesucht. Ohne Lesen dieses Psalms ist die Andacht jetzt beendet. Dies wäre schade. Also lasst Euch einladen:
Hier der ganze Psalm:
Gottes Herrlichkeit in seiner Schöpfung und in seinem Gesetz
1 Ein Psalm Davids, vorzusingen.
2 Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt seiner Hände Werk.
3 Ein Tag sagt’s dem andern, und eine Nacht tut’s kund der andern,
4 ohne Sprache und ohne Worte; unhörbar ist ihre Stimme.
5 Ihr Schall geht aus in alle Lande und ihr Reden bis an die Enden der Welt. Er hat der Sonne ein Zelt am Himmel gemacht; /
6 sie geht heraus wie ein Bräutigam aus seiner Kammer und freut sich wie ein Held, zu laufen die Bahn.
7 Sie geht auf an einem Ende des Himmels / und läuft um bis wieder an sein Ende, und nichts bleibt vor ihrer Glut verborgen.
8 Das Gesetz des HERRN ist vollkommen und erquickt die Seele. Das Zeugnis des HERRN ist gewiss und macht die Unverständigen weise.
9 Die Befehle des HERRN sind richtig und erfreuen das Herz. Die Gebote des HERRN sind lauter und erleuchten die Augen.
10 Die Furcht des HERRN ist rein und bleibt ewiglich. Die Rechte des HERRN sind wahrhaftig, allesamt gerecht.
11 Sie sind köstlicher als Gold und viel feines Gold, sie sind süßer als Honig und Honigseim.
12 Auch lässt dein Knecht sich durch sie warnen; und wer sie hält, der hat großen Lohn.
13 Wer kann merken, wie oft er fehlet? Verzeihe mir die verborgenen Sünden!
14 Bewahre auch deinen Knecht vor den Stolzen, dass sie nicht über mich herrschen; so werde ich ohne Tadel sein und unschuldig bleiben von großer Missetat.
15 Lass dir wohlgefallen die Rede meines Mundes / und das Gespräch meines Herzens vor dir, HERR, mein Fels und mein Erlöser.
Betrachtet diesen Psalm, lest ihn, sprecht ihn laut, gerne auch über mehrere Tage.
Und die Worte des Psalms werden lebendig und sprechen zu Euch. Unser Blick verändert sich von uns weg, hin zu Gottes Größe. Das ist das Geheimnis der Psalmen.
Gerade in dem ausgesuchten Psalm wird das deutlich. Der Psalmist David führt uns Gottes Größe und Herrlichkeit zunächst in seiner Schöpfung auf. „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt seiner Hände Werk. Ein Tag sagt`s dem anderen, und eine Nacht tut`s kund der anderen. Der Sonne hat Gott ein Zelt am Himmel gemacht. Sie ist herausgeputzt wie ein Bräutigam und freut sich ihre Bahn zu laufen (aus den Versen 2-6)“.
Die Schöpfung wird uns herrlich vor Augen geführt. In der Schöpfung können wir Gott erkennen. Aber es geht in dem Psalm nicht nur um die Schöpfung, sondern ebenfalls um die Herrlichkeit von Gottes Wort. David findet Erfüllung in den Geboten des Herrn.
Eindrücklich lesen wir das in den Versen 8-11: „Das Gesetz des Herrn ist vollkommen und erquickt die Seele. Die Befehle des Herrn erfreuen das Herz und seine Gebote erleuchten die Augen. Das Wort Gottes ist köstlicher als Gold und süßer als Honig.“ Diese Worte machen deutlich, wie David die Gebote Gottes schätzt und liebt. Gottes
Wort erfüllt und erfreut ihn. Er braucht es für sein Leben.
In den nachfolgenden Versen kommen wir zum letzten Abschnitt des Psalms. Es wird persönlich. Das Erkennen von Gottes Schöpfung und sein Wort haben Folgen. Sie führen uns in die direkte Begegnung mit Gott. „Wer kann merken, wie oft er fehlet? Verzeihe mir die verborgenen Sünden!“ (V.13)
David weiß, dass er vor Gottes Größe nicht bestehen kann. Er braucht die Vergebung seiner Sünden. Damit nimmt dieser alttestamentliche Psalm eine Wendung. Er führt
uns hin zu Jesus. Vergebung der Sünden finden wir nur bei Jesus. Diesen Jesus hat David damals schon mit Gottes Geist gesehen und angebetet. Deswegen spricht er im letzten Vers von seinem Herrn als Fels und Erlöser.
Ich fand es interessant, „Jesus“ in diesem Psalm zu entdecken. Er ist der Tröster unseres Lebens. In vielen Psalmen wird das deutlich. Das macht sie so wertvoll und zum Trostbuch der Bibel.
Vielleicht konnte ich ein wenig Interesse für die Psalmen wecken. Viel Freude und Gottes Segen beim weiteren Entdecken der Psalmen wünscht
Herkunft: Frank Reichmann