Gesetz und Glaube
„Heben wir denn das Gesetz auf durch den Glauben? Das sei ferne! sondern wir bestätigen das Gesetz.“ Römer 3:31
Wäre ich auf der Flucht vor Gott, dann würde ich sein Gesetz von mir stoßen und mit starkem Verlangen bemühen, ihm nirgends zu begegnen.
Nun aber ruft mich Gott zu sich, reicht mir seine Hand, dass sie mich halte, und zeigt mir sein Werk, damit mein Leben in ihm begründet sei. Wie könnte ich nun im Streit mit dem Gesetz verharren?
Das Gesetz verwirft alle Bosheit; sie sei verworfen mit ganzer Entschlossenheit! Das Gesetz macht mir die Bosheit zur Schuld; sein Urteil ist wahr und leuchte in meiner Seele. Das Gesetz zeigt mir, wie gut und herrlich Gottes Wille ist; ich sehe dies und will gehorchen.
Wie kann ich etwas anderes begehren, als dass ich Gottes Willen tue? Das Gesetz spricht nicht nur zu mir, sondern zu uns allen, vereint uns zur Gemeinde und macht aus unserem gemeinsamen leben den gemeinsamen Gottesdienst. Wie könnte ich Gottes Gnade nur an mich allein ketten, wie mir verbergen, dass sie den Brüdern wie mir gegeben ist und dass sie uns zur einträchtigen Schar verbindet, in der auch ich für meinen Dienst zum Wohl des anderen und zu Gottes Ruhm mein Plätzchen habe?
Darum gebietet das Gesetz die Liebe und ich kann und will ihm nicht widersprechen. Gott gibt mir die Liebe dadurch, dass er mir den Glauben gibt. Und doch bleibt es der Glanz in Gottes Regierung, dass sie uns „ohne Zutun des Gesetzes“ die Gerechtigkeit bereitet hat, nicht so, dass Gott gebietet und wir sein Gebot erfüllen, nicht so, dass Gott richtet und wir an unserer Übeltat sterben, nicht so, dass Gott lohnt und wir durch unser Verdienst leben, sondern so, dass die Schuld getilgt ist durch sein Vergeben und der Glaube empfängt, was er erbittet, und die Liebe fruchtbar macht, was der Glaube empfing.
Dass Gottes Wort nicht zu mir sagt: Du sollst! Sondern sagt: Sieh, was Gott tut, und nimm, was Gott gibt, das macht aus seinem Wort die Kraft Gottes zur Seligkeit.
Mich verlangt, Herr Gott, nach Deinen Geboten. An Deiner Gnade stirbt der Widerspruch meiner Natur, der Dein Gebot nicht gefällt. Es ist ja höher und herrlicher als unsere menschliche Art und hebt unser Verlangen zu Deinem gnädigen Willen empor. Mache mir ihn nach Deiner Barmherzigkeit sichtbar in allen Dingen, damit ich an Deiner Hand bleibe als Dein dir willig folgendes Kind. Amen.
Herkunft: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938)