Wir rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit
„durch welchen wir mittelst des Glaubens auch Zugang haben zu dieser Gnade, in welcher wir stehen, und rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes.“ Römer 5:2
Im Grundtext lauten diese Worte: „Und wir rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes.“ Der Ausdruck kann also ebensowohl die Herrlichkeit bezeichnen, die Gott selbst hat, wie die Herrlichkeit, die Er Seinen Gläubigen geben wird. Diese ist aber sowohl ihrer Art als auch ihrem Wesen nach eine und dieselbe. Gott wird uns wirklich von Seiner eigenen Herrlichkeit geben, wie Jesus spricht: „Ich habe ihnen gegeben die Herrlichkeit, die Du Mir gegeben hast, dass sie eins seien, gleichwie wir eins sind. Ich in ihnen und Du in Mir, dass sie vollkommen seien in eins.“
Vater, Ich will, dass, wo Ich bin, auch die bei Mir seien, die Du Mir gegeben hast.“ Welcher Menschengedanke wird alles das je ganz fassen?
Während der Apostel in seinem Briefe noch kein Wort von der Heiligung und den guten Werken der Gläubigen gesprochen hat, sagt er schon vorher, dass sie sich der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes rühmen. Er zeigt, dass sie diese Hoffnung nicht auf die Heiligung gründen, die dem Glauben folgt. Wir haben sofort, „wenn wir durch den Glauben gerecht geworden sind“, Frieden mit Gott und die Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes.
Die neugeborenen Gnadenkinder haben sogleich ihr Erbe im Himmel. Als das Volk am Pfingsttage die Predigt Petri hörte, konnten alle, die glaubten, sogleich ihr Brot gemeinschaftlich mit Freuden essen und Gott mit einfältigen Herzen loben. Von dem Kämmerer aus dem Mohrenland und von dem Kerkermeister zu Philippi lesen wir, dass sie sich freuen konnten, sobald sie zum Glauben gekommen waren.
Sie brauchten sich nicht erst in der Gnade gereift zu sehen oder die Früchte zu erblicken, die aus dem Glauben flossen. Sie hatten schon aus der ihnen in Christus verkündigten Gnade ein fröhliches und seliges Herz. Ein solches in Gott seliges Herz kann also niemand haben, der nicht sowohl die gegenwärtige Gnade als auch die zukünftige Herrlichkeit glaubt; denn wenn wir die letztere nicht glauben würden, wozu diente uns dann die erstere?
Zwar können wir durch die Früchte des Geistes eine grössere Gewissheit von der Echtheit unseres Glaubens gewinnen; der Glaube selbst aber und die Hoffnung müssen schon zuvor das umfassen, was Gott verheißen hat, nämlich nicht nur die Vergebung der Sünden, sondern auch das ewige Leben in Herrlichkeit.
Möge sich jeder vor dem gefährlichen Irrtum hüten, dass ein gläubiges Kind Gottes nicht bereit sei, sogleich in den Himmel einzugehen, sondern dass dazu noch eine Reife in der Gnade und den Früchten des Geistes erforderlich wäre! Eine falsche, gefährliche Meinung!
Zwar kann eine solche Reife ein grösseres Maß der Herrlichkeit mit sich bringen, wie die Schrift an einigen Stellen zeigt, aber das Reich selbst, die Kindschaft und das Erbe haben wir sogleich allein durch den Glauben. Auch wenn wir hundert Jahre in der Erziehung und dem Wachstum der Gnade lebten, hätten wir schließlich doch keinen einzigen tieferen Grund, auf die ewige Herrlichkeit zu hoffen.
In demselben Augenblick, in dem ein Sünder zum Glauben und zur Gnade kommt, ist er in das hochzeitliche Kleid gekleidet und kann in die Herrlichkeit eingehen. Der Schächer am Kreuz und der im Dienste Christi abgearbeitete Johannes empfingen beide aus der gleichen Gnade die Gabe des ewigen Lebens. Obwohl Paulus sah, dass die Kolosser noch solcher Warnungen bedurften, wie wir sie im dritten Kapitel seines Briefes an sie lesen, ermahnte er sie dennoch, „dem Vater Dank zu sagen, der sie tüchtig gemacht hat zum Erbteil der Heiligen im Licht“.
So folgt die Hoffnung der Seligkeit schon mit dem Glauben und der Gnade, wie ja auch ein bürgerliches Erbrecht nur von der Geburt abhängt. Möchten wir diese Hoffnung nicht nur haben, sondern uns auch derselben „rühmen„!
Dadurch geben wir Gott die Ehre, und alle unsere geistlichen Kräfte werden dadurch im Kampfe gestärkt. „Der Helm des Heils„ ist eine wichtige Waffe. So gewiss wir im Kampfe für die Krone stehen, in dem wir nicht nur von den Trübsalen dieser Zeit ermüdet werden sollen, sondern auch viele Wunden erhalten und von vielen feurigen Pfeilen getroffen werden, so gewiss ist es auch nötig, dass wir unseren Geist mit der Hoffnung der Seligkeit erquicken und stärken.
Wird dein Blick auf das selige Ziel, die herrliche Krone, verdunkelt, dann eile sogleich hin zu den tiefen, ewigen Gründen der seligen Hoffnung. – Weil Gott treu und allmächtig ist, wird unsere Hoffnung nicht zuschanden werden. Nur ein gestärkter Glaube, und du bist sofort überaus reich, ja selig! Blicke auf all das, was Gott von Anfang der Welt an getan hat!
Er hat den Menschen für ein höheres Ziel erschaffen, als dass derselbe, nachdem er eine Zeitlang den Erdenleiden ausgesetzt war, schließlich vernichtet werde. Schon die Fähigkeiten der Menschenseele bezeugen das. – Sollte Gott nur für ein zeitliches Wohl Seinen Sohn in einen blutigen Martertod dahingegeben haben? Hat Er nur für ein zeitliches Wohl den Feiertag gestiftet und das Wort und die Sakramente gegeben? Hat Er Seinen Geist in unsere Herzen gesandt, uns zu zerschlagen, zu erquicken und zu heiligen, hat Er uns das Kreuz und alle Züchtigung, die wir täglich erleiden, gegeben – und kannst du dennoch dessen ungewiss sein, was dieses alles uns zu sagen hat? Sollte Gott, nachdem Er uns alle Verheißungen eines ewigen Lebens gegeben hat, uns zum Schluss noch betrügen? Das sei ferne ……
„Herr, stärke uns den Glauben!“ Das ist die Bitte, die uns hier vonnöten ist, um das Vertrauen und das Rühmen der Hoffnung bis an das Ende festzuhalten.
O Gott, was wird einmal zum Vorschein kommen, Wenn Du mich von der Erde aufgenommen? Was wird die Ewigkeit mir einst entdecken? Was werd‘ ich schmecken?
Herkunft: Carl Olof Rosenius (* 03.02.1816; † 24.02.1868)