Der Herr ist mein Hirte.
Ich kannte einen jungen Mann, der wünschte sich brennend ein Motorrad. Eines Tages konnte er sich solch eine Maschine anschaffen. Nach kurzer Zeit aber merkte er, daß ein Motorrad bei Regenwetter eine schlechte Sache ist. Da wünschte er sich heiß ein Auto. Und es kam der Tag, da fuhr er in einem kleinen Wagen vor. Nun machte er große Reisen mit seinem Wägelchen. Da aber war es ihm sehr ärgerlich, wenn große Wagen ihn überholten. „Ach!” seufzte er, „wenn ich doch einen Mercedes hätte!” Vielleicht bekommt er den auch noch. Aber dann wird er entdecken, daß er ohne Flugzeug nicht glücklich sein kann. So ist das Menschenherz! Es fehlt uns immer etwas zu unserm Glück. Ist unser Leben ruhig, dann sehnen wir uns nach Abwechslung. Ist es stürmisch, so möchten wir gern Ruhe. Sind wir zu Hause, zieht es uns in die Ferne. Sind wir in der Fremde, dann haben wir Heimweh. Es fehlt uns immer etwas. So sind wir!
Und nun sagt da in unserm Text einer: „Mir mangelt nichts, und mir wird auch in der Zukunft nichts mangeln.” Diesem Psalmisten ist das Herz offenbar zur Ruhe gekommen. Er konnte „Ja” sagen zu seinem Leben. Und dabei war dieser Psalmist gar nicht ein alter, weiser Großvater, den das Leben einen kühlen Verzicht gelehrt hatte. O nein! Er war ein temperamentvoller junger Mann.
Wie kam er zu solch einem friedevollen Zustand? Das sagt er im Anfang des Satzes: „Der Herr ist mein Hirte.” Nun, das Sätzlein kennen wir alle. Aber wahrscheinlich haben wir es nicht ernst genommen und nicht recht geglaubt. Der David nahm es ernst. Und wer das tut, der kann „Ja” sagen zu der Führung, die er durch diesen Hirten erfährt. Amen.
Herkunft: Wilhelm Busch (* 27.03.1897; † 20.06.1966)